Dr. Natur Prinzip 2

Prinzip 2: Extreme Spüren

Unser Körper ist ein Meister der Anpassung, und die gezielte Anwendung von natürlichen Reizen, wie Kälte und Hitze, bietet uns die Möglichkeit, von evolutionären Anpassungen zu profitieren.  „Use it or lose it“. Die bewusste Integration von Temperaturreizen kann zahlreiche Vorteile für unsere Gesundheit mit sich bringen.

Frieren und Schwitzen sind die Protagonisten dieser natürlichen Balance. Kontrolliertes Frieren stärkt das Immunsystem, regt den Stoffwechsel an und fördert mentale Widerstandsfähigkeit. Beim Schwitzen dient dieser natürliche Prozess als Entgiftungsmechanismus, unterstützt Reparaturprozesse und trägt zur Stressreduktion bei. Eine ausgewogene Kombination aus Frieren und Schwitzen führt zu einem starken, widerstandsfähigen und energetischen Körper.

Kälte:

In der Radboud Studie konnte gezeigt werden wie Wirkungsvoll Kältereize kombiniert mit Atemübungen sein können. Den Freiwilligen Teilnehmern der Studie wurden Endotoxine (Bakteriengift) injiziert. Die Gruppe die Kältereize und Atemübungen ausübte blieb Symptoms – erkrankte nicht und die Kontrollgruppe wies Grippe ähnliche Symptome auf.

Kältereize setzt du Idealerweise am Morgen bis zum Nachmittag. Beginne ganz sanft und kurz, aber beginne! Gehe durch die kalte Wiese am Morgen oder durch Schnee. Dusche die Arme und Beine kalt ab und steigere die Reize langsam. Am effektivsten ist die eiskalte Dusche direkt nach dem Aufstehen oder wenn du die Chance hat: der Sprung in einen See. Das macht dich wach und bringt deinen Körper direkt auf Kurs für einen energiegeladenen Tag.

Physiologische Effekte:

Temperaturreize verursachen  eine temporäre Vasokonstriktion und eine Vasodilatation, was die Blutzirkulation und den Nährstoffaustausch anregen kann. Zudem fördert Kälte die Aktivierung des braunen Fettgewebes, was zu erhöhter Thermogenese und Stoffwechselaktivität führt. Die gesteigerte Atemfrequenz verbessert die Sauerstoffversorgung und unterstützt so die Energieproduktion im Körper.

Psychologische Effekte:

Kälte am Morgen steigert unmittelbar die Aufmerksamkeit und fördert eine klare geistige Verfassung. Trotz anfänglicher Widerstände kann regelmäßige Kälteexposition langfristig zu Stressreduktion und Stimmungsverbesserung beitragen. Die bewusste Entscheidung, sich der Kälte auszusetzen, fördert zudem die mentale Stärke und Willenskraft. Nicht zuletzt kann das Prinzip aus der ersten Woche „Kälte am Morgen“ den zirkadianen Rhythmus regulieren und somit zu einer verbesserten Schlafqualität beitragen.

Praxis:

Alles ab 16C° ist ein Kältereiz, also alles das 20° unter der Körperkerntemperatur liegt. Das kann im Wasser sein, ein kühles Schlafzimmer oder ein leichter bekleideter Spaziergang. Wir möchten mit diesem Reiz die Körperkerntemperatur etwas senken – bis zu 1C°. Als Faustformel dafür gilt die Temperatur in Minuten. Bsp.: du duscht kalt bei einer Wassertemperatur von 12C° dann könntest du ca. 12 Minuten kalt duschen. Du gehst Eisbaden bei einer Wassertemperatur von 2C°, dann bleibst du 2 Minuten im Wasser. Höre aber immer auf die Signale deines Körpers und übertreibe am Anfang nicht.

Schritt 1: Mindset: Kälte ist ok. Du kannst das!

Schritt 2: Warm Up für die Gefäße über die Atmung- a la‘ Wim Hof. (Nie im Wasser Atemtechniken ausüben)

Schritt 3: Starte langsam, denn dein Körper hat diesen Reiz möglicherweise lange nicht gespürt.

 
Praxis
  1. Level 1: Kneipen: Setze deine Füße oder Hände der Kälte aus. Egal ob der Kältereiz vom Wasserhahn, der Dusche, dem nächsten Fluss oder durch Schnee kommt. Nach 4 Wochen Kneipp-Training ist sogar die Immunfunktion bereits deutlich gesteigert. (Kreutzfeld et al. 2003)
  2. Level 2: Wechseldusche: Beginne ganz normal mit dem Duschen bei deiner Wohlfühltemperatur. Reduziere die Temperatur und dusche Arme und Beine kalt ab. Wechsel wieder zurück zur warmen Dusche und beende die Dusche mit dem Kältereiz. In der nächsten Woche nimmst du möglicherweise auch schon den Rumpf dazu. Steigere den Reiz in der Dauer und wenn zwei Minuten kein Problem sind, dann kannst du den Kältereiz verstärken indem du die Temperatur noch weiter reduzierst. Studienteilnehmer, die diese Methode für nur 30 Tage durchgeführt haben, konnten ihre Symptomatik (Krankheitsgefühle, Müdigkeit, etc.) insgesamt um 29% senken. (Bujze et al. 2018)
  3. Level 3: Kalte dusche: wäre der nächste Schritt. Wenn es für dich in Ordnung ist, dann kannst du auch den Kopf hinzunehmen. Bei Kältereizen nimmt die Hauttemperatur ab und der Körper versucht die lebenswichtigen Organe warm zu halten. Das nennt sich Zentralisierung. Deine Gefäße in Armen und Beinen ziehen sich dafür zusammen, was ein Gefäßtraining darstellt. Bei Wechselduschen gehen die Gefäße somit auf und wieder zu.
  4. Level 4: Fass oder Teich: Wenn dein ganzer Körper mit Wasser umgeben ist dann ziehen sich nicht nur deine Blutgefäße zusammen, sondern du bekommst auch die positiven Effekte des Wasserdrucks zu spüren, denn dieser führt zu einer „Lymphdrainage“. Der Wasserdruck ist an der tiefsten Stelle am höchsten (bei den Beinen wenn du im Wasser stehst) und somit wird die Gewebsflüssigkeit Richtung Herz bewegt. Damit es zu diesem Effekt kommt muss der Großteil deines Körpers von Wasser umgeben sein.
  5. Level 5:Tauchen: Wenn dein Gesicht das Wasser berührt setzt der Tauchreflex ein. Dadurch senkt sich deine Herzfrequenz, du hältst den Atem automatisch an, deine Kehlkopfmuskulatur spannt sich an um deine Atemwege vor eventuell eintretenden Wasser zu schützen und Blut wird aus der Milz mobilisiert. Dein autonomes Nervensystem fährt somit das parasympathische Nervensystem hoch. Kombiniert mit einem Kältereiz entsteht ein Konflikt, da die Kälte für einen gegenteiligen Effekt sorgt. Dein sympathisches Nervensystem ist voll im Gange. Du stehst quasi auf dem Gas und der Bremse deines Autos. Das muss trainiert werden. Daher Empfehle ich diesen Reiz nicht am Anfang. Mit etwas Übung kannst du diesen Reiz aber kontrollieren und du fühlst dich danach wie neu geboren.

TIPP: Bevor du den Kältereiz beginnst, atmest du am Besten tief ein und mit Beginn des Kältereiz startest du mit der Ausatmung. Dadurch lässt sich der anfängliche Stress am Besten in den Griff bekommen. Idealerweise bleibst du so lange im Kältereiz bis der Anfangsschock nachlässt (ca 30-60 Sekunden).

Schritt 4: Warm Up: Nach dem Kältereiz soll dein Körper sich wieder erwärmen. Das ist die Aufgabe der Muskulatur durch zittern, aber primär die Aufgabe deiner wärme produzierenden Mitochondrien. Du sollst dich nach max. 2-3h wieder erwärmt haben, da sonst der Reiz zu intensiv war. Vermeide zu schnelle Bewegung, da dies zu einem After-Drop führen könne, wenn sich dein warmes Blut vom Körperkern zu schnell mit dem kalten Blut der Extremitäten vermischt.

Hitze:

Wie Kälte hat auch „Hitze“ sehr viele positive Eigenschaften in der richtigen Dosierung für uns und unseren Körper.

  1. Wir senken mit Hitze- Reizen kurzfristig den Blut pH Wert – unser Blut wird kurzfristig sauer. Das hat mehrere positive Faktoren z.B. regen wir dadurch die Produktion von körpereigenen Antioxidantien an. So sorgen wir für einen Schutz unserer Zellen
  2. Gefäßtraining: unsere Gefäße öffnen sich (Vasodilatation), damit wir unseren Körper besser abkühlen können. Dies erhöht den Blutfluss und verbessert die Durchblutung.
  3. Schwitzen: Durch das Schwitzen versucht der Körper, sich abzukühlen, indem er überschüssige Wärme abgibt.
  4. Entgiftung: Durch Hitze-Training – Schwitzen kann der Körper Giftstoffe ausschwemmen.
  5. Entspannung der Muskeln: Wärme kann dazu beitragen, die Muskeln zu entspannen und Verspannungen zu lösen.
Cardiovascular and Other Health Benefits of Sauna Bathing: A Review of the Evidence Jari A. Laukkanen, MD, PhD

Schritt 1: Mindset: Du kannst das!

Schritt 2 Optional: Warm Up für die Gefäße über die Atmung- Versuch deine Atmung zu verlangsamen.

  • Level 1: 7 Sekunden ein und 7 Sekunden aus
  • Level 2: 15 Sekunden ein und 15 Sekunden aus
  • Level 3: 30 Sekunden ein und 30 Sekunden aus

Natürlich kannst du jede Zahl dazwischen auch Wählen.

Schritt 3: Starte langsam, denn dein Körper hat diesen Reiz möglicherweise lange nicht gespürt.

Praxis:

  • Level 1: Dampfkabine (40-50°C) oder heiße Dusche: bleibe 3-5 Minuten in einer heißen Dusche, taste dich langsam fast bis zu Schmerzgrenze heran. Du sollst dir keine Verbrennung holen, aber Trainingsreize befinden sich außerhalb unserer Komfortzone die immer Individuell ist.
  • Level 2: Infrarotdecke/ – Kabine: 60-70°C
  • Level 3: Finnische Sauna: 90°C
  • Level 4: Bewegung / Training in einer Infrarotkabine.

Schritt 4: Cool Down: Vermeide im Anschluss eine kalte Dusche. Gönne deinem Körper den Trainingsreiz dich runter zu kühlen.

Das Prinzip „3×3“ hast du erfüllt wenn du: dreimal Frieren durch kalte Duschen, Kneipen, Kryokammer, Wind, Regen oder Spaziergänge und dreimal Schwitzen durch Bewegung, heiße Dusche oder Saunagänge pro Woche erreichst. Regelmäßigkeit ist der Schlüssel, um die adaptiven Vorteile dieser natürlichen Reize zu nutzen. Du kannst dich auch ein Monat oder eine Woche auf den einen Reiz und im nächsten Monat oder Woche auf den anderen Reiz fokussieren.

Es gibt noch viele weitere „Extreme“: Nimm Bewusst den Wind, den Regen, den Schnee, das Eis, die Mittagshitze im Sommer, und die Kalte Winternacht wahr. Setzt dich den natürlichen Reizen immer kontrolliert aus und taste dich langsam heran! Die Dosis entscheidet zwischen Medizin und Gift!

Aufgabe: Finde Kombinationen

Nimm dir ein Blatt Papier und überleg, wie du diese Methode gestalten kannst, um direkt mehrere Prinzipien gleichzeitig zu erfüllen. Die Möglichkeiten sind unbegrenzt.

Inspiration: Nutze die Zeit am Morgen um für die Morgensonne, Bewege dich dabei noch vor dem Frühstück und mache deine Atemübung barfuß im Schnee.

Dusche dich am morgen kalt. Dusche dich nach dem Training heiß.

Wasche dir deine Hände kalt etc.

Bade im nächsten Gewässer und lege dir so eine Routine für das ganze Jahr zu.

Die Grundregel ist: Beginne langsam und taste dich an diese Reize heran!

Kontraindikation:

Hinweis: Allgemeine Sporttauglichkeit ist Grundvoraussetzung für diese Reize. Bevor du extreme Trainingsreize wie die finnische Sauna/ Eisbaden oder andere intensive körperliche Aktivitäten durchführst, sollten immer einen qualifizierten Arzt konsultiert werden, um sicherzustellen, dass diese für deine individuelle Gesundheit sicher und angemessen sind.

Die Grundregel ist: Beginne langsam und taste dich an diese Reize heran!

Bei allen Prinzipien gilt immer:

Die kleinste Veränderung in die richtige Richtung macht den größten Unterschied!

Es muss nicht perfekt sein! Triff die bessere Entscheidung!